Wir können die Klimakrise nicht bekämpfen, ohne den militärisch- industriellen Komplex zu bekämpfen

21.10.2021

Categories: Militärembargo

Wenn wir die drohende Klimakatastrophe ernsthaft aufhalten wollen, haben wir keine andere Wahl, als einen der größten Umweltverschmutzer der Welt radikal einzuschränken: das US- Militär.

Der in dieser Woche veröffentlichte Bericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klima- änderungen (IPCC, Intergovernmental Panel on Climate Change) der Vereinten Nationen bestätigt die seit langem befürchtete katastrophale Situation für unseren Planeten: Weil es die Staaten versäumt haben, Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen, ist es jetzt sicher, dass sich die globale Erwärmung und ihre extremen Wetterfolgen in den nächsten dreißig Jahren verstärken werden. Das ist „Alarmstufe Rot“ für die Menschheit, sagte UN-Generalsekretär António Guterres als Reaktion auf den Bericht.

Die Einschätzung zum Ausmaß der Klimakrise kann gar nicht hoch genug sein. Dem UN-Bericht zufolge werden in den nächsten dreißig Jahren mit ziem- licher Sicherheit 1 Milliarde Menschen weltweit lebensbedrohlichen Hitzewellen ausgesetzt sein. Hunderte Millionen werden von schwerwiegenden Hitzewellen betroffen sein. Ob es in der Zukunft noch schlimmer sein wird, hängt davon ab, ob der Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius begrenzt werden kann.

Zwar sind viele für die Untätigkeit verantwortlich, die uns an diesen Punkt gebracht hat, doch muss vor allem ein Verursacher sofort eingeschränkt werden: der militärisch-industrielle Komplex der USA.

Das US-Militär ist der größte industrielle Einzelverbraucher von Öl und Gas und einer der größten Umwelt- verschmutzer der Geschichte überhaupt. Einem Bericht der Brown University zufolge verursachte der US- Krieg in Afghanistan zwischen 2001 und 2019 den Ausstoß von 1,2 Milliarden Tonnen Treibhausgasen und führte zur Entwaldung und der toxischen Verbrennung von Munition. Es sind aber nicht nur Militäroperationen der USA. Die Vereinigten Staaten sind für 37 Prozent des weltweiten Waffenhandels verantwortlich. Im Haushaltsjahr 2020 verkauften US-Waffenhersteller Waffen im Wert von über 175 Milliarden Dollar an andere Länder, 24 Prozent davon gingen an Saudi-Arabien.

Der von den USA unterstützte und von Saudi-Arabien geführte Krieg im Jemen hat zu einer so großen humanitären Krise geführt, dass im Jemen alle zehn Minuten ein Kind unter fünf Jahren an Unterernährung stirbt. Außerdem liegt seit Beginn des Krieges im Jahr 2015 ein nicht gewarteter Tanker mit über einer Million Barrel Rohöl vier Meilen nördlich des blockierten jemenitischen Hafens von Hodeidah. Der Tanker ist nun durch Rost stark beschädigt und droht zu explodieren. Nach Angaben von Greenpeace wären die Auswirkungen einer Explosion des Tankers viermal größer als die Ölkatastrophe der Exxon Valdez von 1989.

Wie durch die Waffenverkäufe an Saudi-Arabien, verschärfen die US-Waffenexporte an Israel eine Krise. Im Haushaltsjahr 2020 haben die USA Waffen im Wert von 441 Millionen Dollar nach Israel exportiert. Während des elftägigen israelischen Militärangriffs auf den Gazastreifen im Mai 2021 wurden nicht nur über 250 Menschen im Gazastreifen und dreizehn in Israel getötet und weitere vierzigtausend Menschen im Gazastreifen vertrieben, sondern auch das größte Pestizidlager des Gazastreifens und die Gaza Foamco Factory, in der gefährliche Chemikalien gelagert werden, mit Sprengkörpern getroffen.

Anstatt den belagerten Gazastreifen mit Hilfe für die benötigte Infrastruktur wie die Abwasseraufbereitung zu unterstützen - 97 Prozent des Wassers im Gazastreifen sind aufgrund von Verunreinigungen für den menschlichen Konsum ungeeignet - reagierte die Biden-Administration auf den Krieg im Mai 2021 mit der Ankündigung, den Verkauf von zusätzlicher Munition im Wert von 735 Millionen Dollar an Israel zu genehmigen. Zwei Monate später genehmigte das Außenministerium einen Waffenverkauf im Wert von 3,4 Milliarden Dollar an das Land.

Viele hofften, dass die Wahl Joe Bidens zu einem Rückgang der US-Waffenverkäufe und der Militärausgaben führen würde. Der von der Biden-Administration vorgeschlagene Haushalt für das Haushaltsjahr 2022 beläuft sich jedoch auf 753 Milliarden Dollar, was einer Steigerung von 2 Prozent gegenüber dem vorherigen Haushaltsjahr entspricht.

Der Vorschlag Bidens für das Haushaltsjahr 2022 sieht 2,6 Milliarden Dollar für interkontinentale ballisti- sche Raketensysteme vor, 5 Milliarden Dollar für ein neues Atomraketen-U-Boot, 3 Milliarden Dollar für B-21-Bomber (die in einer Stunde etwa so viel Treibstoff verbrauchen wie ein durchschnittliches Auto in sieben Jahren), 15,7 Milliarden Dollar für Atomwaffenprogramme und 12 Milliarden Dollar für F-35 Joint Strike Fighter-Jets vorgesehen.

Laut der norwegischen Zeitung Dagsavisen verbraucht der F-35-Kampfjet 60% mehr Treibstoff als sein Vorgänger F-16 und hat viele Probleme. Mit 10.000 Pfund brennbarem Material und 2.700 Pfund Düsen- treibstoff führt ein Absturz der F-35 zu einem Inferno an Treibhausgasemissionen.

In einem vom Weißen Haus im April veröffentlichten Dokument zu Bidens Haushaltsplan für das Jahr 2022 heißt es, dass der vorgeschlagene Finanzplan für das Pentagon „der Notwendigkeit, der Bedrohung durch China zu begegnen, als größter Herausforderung, Priorität einräumt“ und gleichzeitig „Bemühungen zur Planung und Abschwächung der Auswirkungen des Klimawandels“ unterstützt. Doch diese beiden Ziele sind widersprüchlich, denn obwohl Chinas Militärausgaben in den letzten zehn Jahren um 76 Prozent gestiegen sind, hat es die 4,35-fache Bevölkerung der USA. Im Jahr 2020 hat China 252 Milliarden Dollar für sein Militär ausgegeben. Die USA hat 778 Milliarden US-Dollar ausgegeben.

Um mit der im neuen UN-Klimabericht beschriebenen Situation umzugehen, müssen die USA mit China kooperieren, anstatt mit ihm zu konkurrieren und es zu bekämpfen. Um noch schlimmere Katastrophen als die, die uns bereits bevorstehen, zu verhindern, müssen die USA die bereits bestehenden Konflikte lösen und aufhören, neue zu schaffen. Wir müssen unsere Militärausgaben senken, unsere Militärbasen schließen und keine Waffen mehr verkaufen, insbesondere nicht an Länder, die aktiv humanitäre und ökologische Krisen verursachen und verschärfen. Unser Leben und unser Planet hängen von unserer Fähigkeit ab, Frieden zu schließen.

 

Artikel von Ariel Gold, ursprünglich veröffentlicht in Jacobin

Zurück

© BDS Schweiz