EU Politik der Nichtanerkennung braucht Beständigkeit

23.02.2015

Categories: Sanktionen

Das EU-weite Importverbot basierend auf der Nicht-Anerkennung der illegalen Annektierung der Krim und Sevastopol wirft die Frage nach der Abwesenheit dieser Politik bezüglich des Handels mit Siedlerprodukten (mit den illegalen Siedlungen im besetzten Palästina) auf. Im Falle Palästinas und dem Handel mit völkerrechtlich illegalen Siedlungen besagt das Völkerrecht ausdrücklich ein Nicht-Anerkennen beziehungsweise ein Aussetzen jeglicher Handelbeziehungen: Produkte aus den israelischen Siedlungen nach Europa zu exportieren wäre demnach verboten.

Im Juni 2014 wurde die EU-Richtlinie, Importe aus der Krim und Sevastopol (Ausschuss Entscheidung 2014/386/CFSP & Ausschuss Regulierung (EU) Nr. 692/2014) zu verbieten, verabschiedet. Die angegeben Gründe: Ein Bann aller Exporte ist integraler Part der EU-Nicht-Anerkennungspolitik. In diesem Fall bezog sich die Nicht-Anerkennung auf die illegale Annexion der beiden Gebiete. Legale Basis für das Importverbot waren die Schlussfolgerungen des EU-Rates vom 20/21 März, welche explizit die illegale Annexion verurteilten und die Nicht-Anerkennung dieser bestätigten.

Wichtig ist, dass eine Pflicht zur Nicht-Anerkennungspolitik auch im Fall der israelischen Siedlungen im besetzten Palästina besteht. Die völkerrechtliche Basis dieser Nicht-Anerkennung wäre wesentlich stärker als etwa im Fall der Krim und Sevatstopol. Natürlich ist jedem versierten Politiker bewusst, dass politische Realitäten die Implementierung von internationalem Recht maßgeblich beeinflussen. Trotzdem sind Politikinhalte und politische Handlungen in Bezug auf Nicht-Anerkennung elementare Elemente für die Stabilität und den Bestand des internationalen Völkerrechts und sollten demnach nach bestem Gewissen implementiert werden (d.h. nicht zum Opfer der Realpolitik werden).

Tatsache ist, dass die EU im Falle der israelischen Siedlungen ihren eigenen Fokus auf den Respekt des Völkerrechtes nicht einhält. Die EU-Implementierung der Nicht-Anerkennungspolitiken ist und bleibt inkonsistent.
Im Fall der israelischen Besatzung, würde die Pflicht zur Nicht-Anerkennung nicht nur den Bau der Separationsmauer (wie auch der Internationale Gerichtshof in Den Haag bereits in seinem empfehlenden Gutachten klargemacht hat) betreffen, sondern auch die illegalen israelischen Siedlungen. Anerkannte Rechtswissenschaftler, sowie zahlreiche UN Resolutionen (vor allem Resolution 465) und die EU selbst, haben sich dazu bekannt und diese Rechtsbestände bestätigt.

Grundlegende Normen des Völkerrechts verbieten auch den Transfer von Menschen in die besetzten Gebiete und garantieren das Recht zu Selbstbestimmung jedes Volkes gegen illegale Annektierung. Ebenfalls ist es laut Völkerrecht (vor allem laut der Den Haag Konvention und der vierten Genfer Konvention) untersagt, dass die Besatzungsmacht wirtschaftliche Vorteile aus ihrer Besatzung zieht. Sogar das israelische Recht (der Elon Moreh Fall beispielsweise) hat das bestätigt. Wenn diese grundlegenden und zwingenden Normen des modernen Völkerrechts missachtet werden, hat die internationale Staatengemeinschaft die Pflicht, sich gegen diese Missachtungen zu stellen (zum Beispiel durch eine Politik der Nicht-Anerkennung).

Die Verpflichtung zur Nicht-Anerkennung enthält die folgenden zwei Elemente: Erstens, handelt es sich um eine gewohnheitsrechtliche Verpflichtung. Zweitens, ist es eine selbst-implementierende Verpflichtung, die auch ohne kollektive Aktionen und Druck angewendet werden kann und soll. Wenn ein Staat eine Verletzung einer zwingenden Norm des Völkerrechts bemerkt, muss er nicht erst auf eine Reaktion der Vereinten Nationen (zum Beispiel ein Handelsembargo unter UN-Charta, Kapitel VII) warten, sondern kann die Nicht-Anerkennung der illegalen Maßnahme sofort entscheiden und implementieren. Die selbst-implementierende Natur der gewohnheitsrechtlichen Verpflichtung geht auf den Hintergrund zurück, die permanenten Mitglieder des Sicherheitsrates (Russland im Fall der Krim, die USA im Fall der israelischen Siedlungen) davon abzuhalten, ein Durchsetzen der Nicht-Anerkennung durch ihre Vetomacht zu verhindern.

Das Einstellen jeglicher wirtschaftlicher Handelsbeziehungen, welche der Besatzungsmacht zu Gute kommen, ist elementarer Bestandteil jeder Nicht-Anerkennungspolitik. Diese Aussetzung des Handels ist völkerrechtlich keine Sanktion, sondern gilt als Korrekturmaßnahme eines bereits begangenen Fehlers innerhalb der internationalen Handelsbeziehungen: Der Handel mit international als illegal betrachteten Siedlungen. Es geht somit nicht darum, Handel als solchen zu bannen, sondern sich selbst den Handel mit einem illegalen Partner zu untersagen (wenn der Handel der Besatzungsmacht zu Gute kommt).

Zusammenfassend verletzt die EU momentan somit ihre eigene grundlegende Verpflichtung zur Nicht-Anerkennungspolitik im Fall der israelischen Siedlungen im besetzten Palästina. Ein umfassendes Handelsverbot mit den Siedlungen müsste keine politische Kontroverse auslösen. Es geht um eine Korrektur der eigenen Fehler in Bezug auf die Implementierung des grundlegenden Völkerrechtes, dem die EU ebenso wie alle anderen Staaten verpflichtet ist. Die Verpflichtung zur Nicht-Anerkennung betrifft gleichzeitig auch jeden einzelnen EU Staat. Wenn die EU, welche die exklusive Kompetenz in Handelsfragen besitzt, nicht in der Lage ist, internationale Rechtsverantwortungen umzusetzen, sind die einzelnen Mitgliedsstaaten aufgefordert, diese unabhängig umzusetzen, also (im Sinne des Völkerrechts) den Handel mit israelischen Siedlungen eigenständig einzustellen.

In Anbetracht des EU-Standpunktes und der Aktionen in Bezug auf die Nicht-Anerkennung der illegalen Annektierung der Krim und Sevastopol, scheinen die EU-Politiker sich der Wichtigkeit des Nicht-Anerkennungsprinzips theoretisch bewusst. Auf Grund politischen Kalküls, wird dieses in Bezug auf israelische Siedlungen (und entgegen der völkerrechtlichen Standards) jedoch nicht implementiert.

Auch wenn es auf den ersten Blick politisch kontrovers erscheint, sind die einzelnen EU-Mitgliedstaaten unter internationalem öffentlichen Recht, internationalem Handelsrecht und auch EU-Recht jedoch verpflichtet, ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen zur Nicht-Anerkennung in jedem Fall umzusetzen.

 

Dieser Text von Tom Moerenhout wurde im englischen Original auf der Homepage der « European Coordination of Comittees and Associations for Palestine » veröffentlicht.

Englischer Original-Text

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