«Habt ihr euch jemals gefragt, warum Israel eine Veranstaltung wie das Pop-Kultur-Festival unterstützt?»

14.08.2019

Categories: Kultureller Boykott

English version below

Brief an Schweizer Musiker*innen, die dieses Jahr am Pop-Kultur-Festival in Berlin auftreten

 

Liebe Künstler*innen

Ihr tretet dieses Jahr am Pop-Kultur-Festival in Berlin auf. Für euch sicher eine super Gelegenheit, die ihr nur ungern verpassen würdet. Trotzdem bitten wir euch, euren Auftritt abzusagen.

Das Festival gibt sich offen und progressiv, in den Veranstaltungen wird über Feminismus und postmigrantische Identität diskutiert und «Marginalisierten soll eine Stimme gegeben werden». Doch werden solche Stimmen von der Festivalleitung selber auch gehört? Palästinenser*innen, progressive Israelis und jüdische Organisationen fordern das Festival seit Jahren auf, seine Zusammenarbeit mit dem Staat Israel einzustellen. In einem Statement der Palästinensischen Kampagne für den Kulturellen und Akademischen Boykott Israels (PACBI) heisst es: «Israels rechtsextremes Apartheid-, Besatzungs- und Kolonialregime übertüncht seine Unterdrückung der Palästinenser*innen durch Kultur – ausdrücklich auch durch Partnerschaften mit angeblich fortschrittlichen Festivals.»

Doch wie in den vergangenen Jahren wird das Festival auch dieses Jahr wieder von der offiziellen israelischen Vertretung in Deutschland finanziell unterstützt.1 Habt ihr euch jemals gefragt, warum ein Land wie dieses eine Veranstaltung wie das Pop-Kultur-Festival unterstützt? Wir finden die Unterstützung eines Staats, der eine illegale Besatzung aufrechterhält, dessen Militär auf Zivilist*innen, Sanitäter*innen und Journalist*innen im Gazastreifen zielt und der selbst die Palästinenser*innen in Israel als Bürger*innen zweiter Klasse unterdrückt, – linde gesagt – voll daneben.

Zahlreiche Künstler*innen teilen unsere Meinung. In den letzten zwei Jahren haben John Maus, Richard Dawson, Gwenno, Shopping, Oranssi Pazuzu, Young Fathers und weitere ihre Auftritte am Pop-Kultur-Festival abgesagt, weil sie die Stimme der Palästinenser*innen ernst genommen haben. Mit ihrem Boykott eines vom israelischen Staat unterstützten Events zeigen sie sich solidarisch mit den Unterdrückten und weigern sich, Kompliz*innen zu werden bei der Weisswaschung von Menschenrechtsverletzungen.

Die Stimmen von Künstler*innen spielten immer wieder eine wichtige Rolle bei der Beendigung von Unrechtszuständen. In den 80er Jahren haben sich zahlreiche Künstler*innen geweigert, sich vom südafrikanischen Regime einspannen zu lassen. Durch ihr Engagement haben sie entschieden zum Ende der Apartheid beigetragen. Heute erheben Tausende von Künstler*innen ihre Stimmen, um das repressive israelische Regime herauszufordern. Lorde, Massive Attack, Lana Del Rey, Of Montreal, Kate Tempest und viele weitere Musiker*innen haben als Antwort auf den palästinensischen Boykottaufruf Konzerte in Israel abgesagt. Auch in der Schweiz haben kürzlich über 100 Kulturschaffende, darunter Evelinn Trouble, Guy Mandon, Jeans for Jesus, La Gale und Heidi Happy, mit der Petition «No Song for Apartheid» das israelische Besatzungsregime kritisiert und zum Boykott des Eurovision Song Contest in Israel aufgerufen.

Ein Boykott ist ein klares Signal von Kulturschaffenden, die Unterdrückung und Menschenrechtsverletzungen nicht akzeptieren. Auch gegenüber Festivals und Veranstalter*innen, die an einer Zusammenarbeit mit offiziellen israelischen Institutionen festhalten. Denn wer Besatzung und Apartheid toleriert, ist auch kein Partner für einen «Dialog». Wir bitten euch deshalb dringend, euren Auftritt beim diesjährigen Pop-Kultur-Festival abzusagen, bis es seine Unterstützung durch die israelische Botschaft fallen lässt.



1 Es geht nicht darum, dass keine israelischen Künstler*innen am Pop-Kultur-Festival spielen sollen. Problematisch ist einzig und alleine die offizielle Unterstützung durch den israelischen Staat und damit die «Komplizenschaft mit dem rassistischen Regime Israels», wie es israelische Kulturschaffende in einem offenen Brief formulierten.

“Have you ever wondered why Israel supports an event like the Pop Culture Festival?”

Letter to Swiss musicians who are performing this year at the Pop-Kultur Festival in Berlin.

 

Basel, Bern, Geneva, August 14, 2019

 

This year you are performing at the Berlin Pop-Kultur Festival. This is certainly a great opportunity for you, however, we ask you to cancel your appearance.

The festival presents an open and progressive agenda, in which feminism and “post-migrant identity” are discussed and “the marginalized have a say”. But are such voices also heard by the festival management itself? For years, Palestinians, progressive Israelis and Jewish organizations for a just peace have been calling on the festival to stop its cooperation with the State of Israel. The Palestinian Campaign for the Cultural and Academic Boycott of Israel (PACBI) states: “Israel’s far-right regime of apartheid, occupation and settler-colonialism explicitly whitewashes its oppression against Palestinians through culture, including by partnering with supposedly progressive festivals.”

As in previous years, the festival will again be sponsored this year by the Israeli embassy in Germany. Have you ever wondered why a country like this supports an event like the Pop-Kultur Festival? We find that accepting support from a state that maintains an occupation that is illegal under international law, whose military targets civilians, paramedics and journalists in the Gaza Strip, and even treats Palestinians in Israel as second-class citizens, is – frankly – maddening.

Many artists share our opinion. For the past two years, John Maus, Richard Dawson, Gwenno, Shopping, Oranssi Pazuzu, Young Fathers and others have cancelled their participation in the Pop-Kultur Festival because they took the Palestinian voice seriously. By boycotting an event supported by the Israeli state, they show solidarity with the oppressed and refuse to be complicit in the laundering of human rights violations.

The voices of artists have repeatedly played an important role in ending injustices. In the 1980s, many artists refused to be used for the propaganda of the South African regime. Through their commitment, they made a decisive contribution to the end of apartheid. Today, thousands of artists are raising their voices to challenge the repressive Israeli regime: Lorde, Massive Attack, Lana Del Rey, Of Montreal, Kate Tempest and several other musicians have cancelled concerts in Israel in response to the Palestinian boycott call. In Switzerland too, more than 100 artists, including Evelinn Trouble, Jeans for Jesus, La Gale and Heidi Happy, recently criticized the Israeli occupation regime by signing the petition “No Song for Apartheid” and calling for a boycott of the Eurovision contest in Israel.

A boycott is a clear signal from artists who do not accept oppression and human rights violations. Also against festivals and organisers who stick to their cooperation with Israeli official institutions. Those who tolerate occupation and apartheid are no partners for a “dialogue”.

We therefore urge you to cancel your performance at this year's Pop-Kultur Festival until it drops the support of the Israeli Embassy.

 

Links to other declarations:

PACBI

Artistes israéliens

Boycott from Within (citoyen-ne-s israélien-ne-s qui soutiennent le boycott d'Israël)

Berlin against Pinkwashing

La voix juive pour une paix juste au Moyen-Orient et Jewish Antifa Berlin (2018)

La voix juive pour une paix juste au Moyen-Orient (2019)

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