Von Jerusalem bis München: Der Vormarsch der Hetzer

17.07.2017

Categories: Angriffe gegen BDS

Erklärung der Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost

Als im vergangenen Juni die Welt der 50 Jahre militärischer Besatzung palästinensischer Gebiete durch Israel gedachte und dagegen protestierte, entschied sich eine sehr kleine Anzahl von Städten dafür, stattdessen Krieg und Besatzung zu feiern. Besonders tat sich wieder Jerusalem hervor, wo alljährlich Rechte demonstrieren, um die Annexion Ostjerusalems zu feiern und dabei islamophobe Slogans zu brüllen und die dort lebenden Palästinenser*innen lebensbedrohlich zu attackieren.

Dieses Jahr hat sich München diesen Feiern angeschlossen, und der Bürgermeister machte unmissverständlich klar, dass seine Stadtverwaltung für Krieg und Besatzung steht. Die Botschaft wurde von einigen CSU- und SPD-Stadträten aufgegriffen, denen es darum geht, einmal mehr die israelische Politik zu kopieren, indem sie die BDS-Bewegung mit einem Bann belegen – also die Bewegung für Boykott, Desinvestition und Sanktionen gegen den Staat Israel.

Die Knesset (das israelische Parlament) verabschiedete im März ein Gesetz, wonach BDS-Unterstützer*innen die Einreise nach Israel verwehrt wird. Während israelische Bürger*innen, die sich der Bewegung anschliessen, immer noch einreisen dürfen, ist dies für Bürger*innen anderer Staaten nur unter der Bedingung gestattet, dass ihre Meinung den Massgaben der israelischen Gesetzgeber*innen entspricht.

Der Versuch, die BDS-Bewegung zu unterdrücken, findet nicht nur in Israel/Palästina statt. Der Journalist Glenn Greenwald schrieb bereits 2016, dass staatliche Bestrebungen, die BDS-Bewegung zu unterdrücken, die grösste Bedrohung für das Recht auf freie Meinungsäusserung im Westen darstellen. Das wurde durchaus ernstgenommen und im Juni dieses Jahrs entschied der Oberste Gerichtshof Grossbritanniens, dass der Versuch der britischen Regierung, BDS-Aktionen zu verbieten, unzulässig sei.

Der Antrag der Münchner CSU- und SPD-Stadträte  "Gegen jeden Antisemitismus! – Keine Zusammenarbeit mit der antisemitischen BDS-Bewegung (‚boykott, divestment and sanctions‘)", zielt darauf ab, Bürger*innen Münchens die Wahrnehmung eines Rechts abzusprechen bzw. sie im öffentlichen Raum erheblich einzuschränken: die Wahrnehmung des Rechts, BDS zu unterstützen. Obwohl die Europäische Union eindeutig festgestellt hat, dass die BDS-Bewegung legal ist und es rechtens ist, zu BDS aufzurufen, sollen laut dem Antrag alle öffentlichen BDS-Aktivitäten in München untersagt werden. Die Formulierung „jeden Antisemitismus“ ist eine unrühmliche Methode, um jegliche politische Bewegung, die missfällt, als antisemitisch abzustempeln. Jede und jeder, auch Jüdinnen und Juden, können im Namen des Kampfes gegen Antisemitismus zum Schweigen gebracht werden, sobald man Antisemitismus nicht als Ressentiment gegenüber Jüdinnen und Juden definiert, sondern als grundlegende Kritik an der Politik des Staates Israel.

Der Antrag schließt wie folgt:

„die Landeshauptstadt München unterstützt keine Veranstaltungen in Form von Zuschüssen oder Raumvergaben, die für BDS werben oder die von Personen oder Organisationen veranstaltet werden, die auf der BDS-Unterstützerliste stehen.“

Keine Filme von Ken Loach mehr in München? Keine Vorlesung von Naomi Klein, Laurie Penny oder Stephen Hawkins im Gasteig? Keine „Pink Floyd“-Konzerte in der Muffathalle? Namhafte Intellektuelle und Künstler werden in München nur noch in privaten Räumen auftreten können? – Anbei eine Liste von 100 Künstler*innen, die ihre Arbeiten zukünftig in München nicht mehr öffentlich zeigen können.

Während die BDS-Bewegung eine Menschenrechtsbewegung ist, deren Forderungen im Völkerrecht verankert sind, und während sich diese zivilgesellschaftliche Bewegung gegen repressive israelische Institutionen wendet (und ihrerseits keine Zensur gegenüber Andersdenkenden ausübt), fordern Münchner Stadträte gegen diese legale und legitime Bewegung Massnahmen, die an Zensur grenzen und mit demokratischen Werten unvereinbar sind.

Wir sind eine deutsche jüdische Organisation, und viele unserer Mitglieder befürworten BDS. Unsere Münchner Freund*innen und Unterstützer*innen werden auf eine extrem unsachliche und hetzende Weise angegriffen, und wir erklären uns solidarisch mit ihnen. Wir erwarten, dass auch in München das Recht auf freie Meinungsäusserung und das Völkerrecht respektiert werden.

 

Originalartikel: juedische-stimme.de/?p=2302

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